Der Seenlandmarathon ist mein erster und einziger Vorbereitungswettkampf auf dem Weg zum Röntgenlauf, Ende Oktober. Meine Erwartung an den Lauf: Mistwetter, schöne Landschaft und die Bestätigung 42,2km weit aus dem Training heraus laufen zu können und auch morgen noch in der Lage für eine weitere Trainingseinheit zu sein.
Ob sich diese Erwartungen so erfüllen erfahrt ihr im folgenden Bericht.
Meine Erwartungen und Ziele
Kommen wir zunächst auf das Thema „Mistwetter“ zu sprechen: Ein paar Tage vor dem Lauf versprechen die Wetterfrösche Dauerregen bei einstelligen Temperaturen mit der Chance auf späteres Gewitter. Im Prinzip macht mir das nicht viel aus, kühles und feuchtes Wetter liegt mir definitiv besser als Hitze dennoch bin ich froh das sich der Wetterbericht Tag für Tag verbessert. Am Samstag vor dem Lauf ist von Regen keine Rede mehr und auch Gewitter wird frühestens gegen 15 Uhr erwartet, da möchte ich aber schon zu Hause sein, oder zumindest im Auto auf dem Heimweg. Bleibt einzig die kühle Temperatur und gegen frieren hilft laufen.
Der Seenlandmarathon hieß vor einigen Jahren noch Brambachsee-Marathon und eben diesen See werden wir zweimal umrunden. Der Start findet im Örtchen Pleinfeld statt, von hier geht es über einen etwa zwei Kilometer langen Zubringer hinauf zum Großen Brombachsee. Da auch die Zweifache Seenrunde samt Hin- und Rückweg den Marathon noch nicht ganz komplettiert gibt es noch eine etwa 1,5km lange Wendeschleife am kleinen Brombachsee. Von der Seenrunde erwarte ich schöne Aussichten auf den See und einfache, weitgehend ebene Wege.
Meine letzte Erwartung gilt meinem Trainingszustand, vor meinem letzten Wettkampf, dem Night52, hatte ich mir einer Verletzung im Hüftbereich zu kämpfen was mich weit zurückgeworfen hat. Der Night52 lief hervorragend jedoch unter Verzicht auf jedes Zeitziel, im Nachgang habe ich einige Wochen mein Training pausiert um die Verletzung auszuheilen. Der Wiedereinstieg in die Vorbereitung für den Röntgenlauf verlief zunächst holprig, besonders die ersten zwei Wochen waren sehr anstrengend und ließen mich an meinem Ziel zweifeln. (Ich beabsichtige beim Röntgenlauf die Ultra-Strecke über 63km zu laufen, eine Reduzierung auf Marathon wäre jedoch möglich – was mein Ersatzziel wäre) Zum Glück zeigte das Training schon sehr bald seine Wirkung und verlorene Kraft und Ausdauer kehrte zurück. Meine Zielzeit für den Seenlandmarathon liegt nun bei „deutlich unter 4 Stunden“, ich peile 3:50 bis 3:55 an. Das ist noch deutlich über meiner Bestzeit aber auch deutlich schneller als das Tempo meiner langen Trainingsläufe (benötigte Pace: 5:25 – 5:30, Pace im Training: 5:50 – 6:10). In der laufenden Trainingswoche habe ich bislang etwa 52km abgeleistet, dazu kommen noch etwa 40 Gassi-Kilometer in Spaziergeh- bis Walkingtempo und jede Menge nicht läuferisch verursachten körperlichen Stress. Ich gehe auf jeden Fall mit reichlich Regenerationsdefizit an den Start.
Samstag
Da wir ohnehin in Nürnberg sind fahren wir bereits am Samstag weiter nach Pleinfeld um die Startunterlagen abzuholen. Die Anfahrt zu den Parkplätzen ist ausgeschildert und auch der Veranstaltungsort ist schnell gefunden. Heute finden bereits Kinderläufe statt und entsprechend viel Betrieb ist im Startbereich. Neben einem großen Festzelt sind noch mehrere Stände von Sponsoren aufgebaut, eine Hüpfburg und ein Kletterturm bieten Kindern, nebst dem Laufen, Möglichkeiten sich auszutoben. Unser Weg führt uns in das Festzelt, auf der Bühne zeigen gerade einige Kinder beim Turnen ihr Können, das Zelt ist gut gefüllt, laute Musik wummert und die Stimmung ist gut. Die Startnummernausgabe ist ganz in der Nähe der Bühne weswegen ich zunächst Probleme habe der Dame an der Ausgabe meine Startnummer mitzuteilen. Eine Minute später halte ich meinen Starterbeutel in den Händen, am Shop – der sich zur Freude meiner Ohren und Stimmbänder – außerhalb des Festzelts befindet, bekomme ich noch mein bestelltes Laufshirt sowie das geheimnisvolle, Zitat Ausschreibung „Exklusive Erinnerungspräsent für alle Marathonhelden“ ausgehändigt. Das es sich dabei um ein Startnummernband handelt hat mir die Dame an der Startnummernausgabe schon gesteckt, meine Überraschung fällt daher milde aus. (Tut mir leid wenn ich euch jetzt selbst die Überraschung genommen habe, aber vielleicht gibt es im nächsten Jahr ja ein anderes Präsent) Im Anschluss lösen wir noch den Pasta-Gutschein ein und machen uns dann auf den Heimweg, unsere Hunde warten sicher schon auf uns.
Die Zwei sollen morgen zum ersten Mal in ihrem Leben Rennluft schnuppern, Susann, meine Frau, möchte sie mit zur Strecke bringen, Start und Zielankunft beobachten. Ich bin gespannt wie sie sich benehmen werden, das Laufen liegt den zwei Huskies im Blut, um sie, für mehr als ein paar hundert Meter, zum gemeinsamen Joggen zu motivieren sind sie jedoch noch zu jung, erst einmal müssen die Knochen die notwendige Stabilität erreichen. Dieses Verständnis fehlt den zweien freilich, daher erwarte ich nicht weniger als großes Gejaule und Gezerre bis ich aus der Sichtweite bin.
Ob es so gekommen wäre, werde ich jedoch leider nie erfahren, denn schon auf der Heimfahrt machen sich erste Anzeichen einer Erkältung bei meiner Frau bemerkbar und am Abend steht dann sicher fest das ich morgen alleine nach Pleinfeld reisen werde.
Sonntag – Vor dem Rennen
Gegen acht Uhr erreiche in das Gelände und habe somit noch eine Stunde Zeit. Da ich meine Startunterlagen schon abgeholt habe, habe ich nicht mehr viel zu tun. Ich beobachte daher die Läufer in ihrer Vorbereitung, für den Marathon sind gut 200 Einzelstarter gemeldet, dazu kommen noch einige Staffeln. Der mit über 1000 Läufern deutlich stärker besuchte Halbmarathon startet erst zwei Stunden später (11 Uhr). Gerade bei den Staffeln ist einiges in Gange: Man begrüßt sich, schwört sich ein, spricht ein letztes Mal die Übergabepunkte ab (Die Orte sind frei wählbar).
Ich nutze die Zeit um noch einmal die Einstellungen meiner neuen Digitalkamera durchzugehen, nachdem die letzten Bilder mit dem Handy immer eher schlecht als recht gelungen sind habe ich nun in eine bessere Kamera investiert. Da ich heute etwas höheres Tempo gehen möchte, werde ich die meisten Bilder aus dem Lauf heraus aufnehmen, ich experimentiere daher mit den Einstellungen um auch aus der Bewegung noch scharfe und ausreichend helle Bilder zu erhalten.
Mit der Kamera habe ich jedoch auch ein weiteres Gerät was ich mitschleppen muss. Mein Gepäck besteht heute aus Schlüsseln, Handy (als Musikplayer), drei Energiegels und eben der Kamera – zu viel für den Laufgürtel. Wie zuletzt immer habe ich daher auch heute meinen Laufrucksack dabei. Das wirkt sicher überdimensioniert, besonders da es auf dieser Strecke alle drei bis vier Kilometer Verpflegungsstationen gibt, ist aber einfach praktisch, ich bekomme alles bequem in den Flaschenhaltern an den Gürteln des Rucksacks unter. Auf eine große Befüllung der Trinkblase habe ich heute aber verzichtet, nur ein halber Liter „Notfalltreibstoff“ befindet sich im inneren.
Noch ist mir kalt, nicht mehr als 7-8 Grad sollte es haben, ich setze dennoch auf kurze Laufkleidung, lieber am Anfang etwas frieren als später schwitzen, damit bin ich auch beim Rennsteig schon gut gefahren wo es zunächst auch noch sehr kalt war. Ich hoffe, dass es wie versprochen, trocken bleiben wird, bin mir angesichts der dunklen Wolken am Himmel jedoch nicht so sicher.
Zehn Minuten vor dem Start verlasse ich das Zelt, drehe noch eine Runde über das Gelände und gehe schließlich hinauf auf die Straße in den Startkanal. Die Läuferschar ist überschaubar. Wie immer halte ich mich zunächst etwas zurück, will nicht riskieren auf den ersten Kilometern zu schnell zu starten und zu viel Energie zu verschwenden. Während ich mich umschaue bleibt mein Blick an einem Schild hängen. Wäre das was? Habe ich noch nie gemacht? Etwas schneller als ich eigentlich vorhatte… Aber die Strecke ist einfach… Also warum eigentlich nicht? Solche Gedanken gehen mir in etwa durch den Kopf, dann ist der Entschluss gefasst und ich gebe die Verantwortung für Tempofindung und Krafteinteilung aus der Hand, mit einigen Schritten bahne ich mich durch die Läufer vor mir und nehme einen Platz hinter dem 3:45 Pacemaker ein.
Über Pacemaker habe ich verschiedenste Erfahrungen gelesen, leider häufiger negative. Oft wird das Tempo nicht sauber getroffen, entweder weil man viel zu schnell unterwegs ist oder zu ungleichmäßig läuft, oder trotz folgen des Pacemakers zu spät im Ziel ankommt. Ist mir aber heute alles egal, selbst wenn sich mein Zugläufer zu langsam ist: Ob nun 3:45 oder 3:47 ist mir herzhaft egal, ich bin nicht hier um an meiner persönlichen Bestzeit zu arbeiten, sind wir zu schnell unterwegs muss ich entweder ablassen oder freue mich darüber es trotzdem geschafft zu haben. Gleichmäßiges Tempo treffe ich selber leider auch nach wie vor eher schlecht als recht. Viel zu verlieren habe ich also nicht. Ebenfalls neu: Ich werde somit in einer Gruppe laufen während ich sonst höchstens an kurzfristigen und ungeplanten Läuferbündnissen teilhatte.
Aus den Gedanken gerissen höre ich die Durchsage „Noch eine Minute“. Schnell die Laufuhr anschalten und schon geht es los.
Das Rennen
Wir verlassen den Startkanal und folgen zunächst der Straße, trotz früher Stunde haben sich schon einigen Zuschauern eingefunden um uns zu verabschieden. Wir passieren ein Spalier von Fotografen, irgendwo über uns summt eine Drohne. Während die Straße leicht ansteigt beginnt sich das Feld zu sortieren. Meine Ausrichtung ist klar: Immer eine Schrittlänge hinter dem grell gelben Shirt von Andreas, unserem Pacemaker. Ich bin froh mich endlich bewegen zu dürfen, laufen produziert Wärme, irgendwann, noch steckt mir reichlich Kälte in den Knochen. Rasch zieht sich das Feld in die Länge, die Meisten ziehen an uns vorbei, geben mir das Gefühl zu schleichen. Hätte ich mich unter anderen Umständen dazu hinreisen lassen ihnen nachzusetzen? Möglich, wobei mir klar das wir viele der Ausreißer in den nächsten 3 Stunden und 45 Minuten wieder einsammeln werden.
Schnell ist der erste Mini Anstieg überwunden und die Straße senkt sich vor uns ab, wir biegen links ab und folgen einer kleineren Straße die uns durch ein kurzes Waldstück führt bis wir eine steinerne Brücke überqueren und ein paar hübsche Fachwerkhäuser passieren. Gerne hätte ich diese auf Bild festgehalten doch bis ich die Kamera endlich aus ihrer Tasche herausgefummelt habe sind wir schon vorbei. Ich beschließe nun einfach die Kamera in der Hand zu behalten, soviel wiegt sie nicht und sie passt sehr gut in die Handinnenseite – so brauche ich mir zumindest keine Sorgen zu machen weitere Motive zu verpassen. Wir halten uns links, laufen an einem Tümpel vorbei und über eine weitere Brücke, als vor uns ein gewaltiger Damm sichtbar wird. Geschätzt 20 bis 30 Meter geht es hinauf, das wir so tief unter dem See laufen war mir bis dahin nicht bewusst.
Der Radweg, dem wir inzwischen folgen, führt zunächst in einem weiten Bogen nach links und schwenkt dann, steiler ansteigend wieder nach rechts, führt uns über 400-500 Meter Strecke hinauf auf den Damm. Während dieses Abschnitts werden wir von den ersten Staffelläufern überholt, die mir erneut das Gefühl verleihen zu kriechen statt zu laufen.
Oben angekommen sind die ersten 3km abgeleistet und der erste Versorgungspunkt wartet auf uns. Ich schnappe mir einen Becher Wasser, inzwischen ist mir nicht mehr kalt, höchstens noch kühl, schon bald werde ich zu schwitzen beginnen, daher besser früh anfangen Wasser nachzuführen. Wir laufen auf dem Damm entlang, schnurgerade, zu meiner linken erstreckt sich der Große Brombachsee und der ist wirklich ganz schön Groß: Das gegenüberliegende Ufer liegt noch im milchigen Dunst des Morgens, ist nur verschwommen auszumachen. An der Uferlinie sind mehrere Anleger und Gebäude zu sehen. Nicht weniger beeindruckend ist der Blick nach rechts: Hier blickt man über Baumwipfel und Hügel hinweg.
Entlang des Dammwegs ist ein Spalier von Motivationsschildern aufgestellt, neben Klassikern wie „Quäl dich“ oder freundlichen Botschaften wie „Schön das ihr da seid!“ oder „Wir ziehen vor euch den Hut!“ ist auch eines dabei welches es locker auf die Top3 meiner bisher demotivierensten Schilder schafft: „Nur noch 40km“. Nicht nur das 40km noch ganz schön weit sind, die Angabe ist auch schlicht falsch, denn mehr als 38,5km sind es von der Position des Schildes aus nicht mehr bis zum Ziel.
Fast zwei Kilometer geht es eben über den Damm dahin, die Kälte ist aus dem Körper gewichen und ein Laufrhythmus hat sich eingestellt, selbst der Himmel sieht inzwischen nicht mehr so bedrohlich aus, hier und da zeigt sich sogar etwas blau. Rund um Andreas hat sich eine lockere Traube aus etwa 10-12 Läufern gebildet. Am Ende des Damms werden wir von einer Bongo Truppe in Empfang genommen, der Weg knickt um 90 Grad nach links ab und folgt nun dem See entlang des Nordufers. Wir kommen an einem Badestrand samt großem Spielplatz und Gaststätte vorbei, nebst Zuschauern wartet hier bereits der nächste Versorgungspunkt auf uns: Schwämme, Wasser, Iso, Obst und nicht näher definierbare Riegel stehen zur Auswahl. Um es vorweg zu nehmen: Die Versorgung beim Seenlandmarathon verdient sich die Note eins mit Sternchen, insgesamt stehen uns 13 Versorgungspunkte auf der Strecke, sowie die Zielverpflegung zur Verfügung, vier mal werden wir dabei die Möglichkeit haben Energie-Gels zu erhalten, alle Stationen sind großzügig Dimensioniert so das auch später, wenn auch die Halbmarathon Läufer auf der Strecke sind, kein Gedränge entsteht.
Der Weg folgt weiterhin dem See, dieser bleibt jedoch die meiste Zeit über von einigen Baumreihen vor uns verbogen, immer wieder unterbrochen von Zugängen die zu Ständen oder Aussichtspunkten führen. Höhenunterschiede sind nicht auszumachen, einfaches, kaum anstrengendes Laufen. Nach einem Kilometer öffnet sich die Landschaft, zu unserer rechten bleibt Wald, zu unserer Linken Buschwerk und dahinter freien Blick auf den See während wir auf eine Brücke zusteuern.
See und Weg machen einen Schlenker dann geht es auf die Brücke hinauf und über sie hinweg, eine hübsche Fernsicht über den See hat man von hier oben, Arbeit für meine neue Kamera.
Unser Weg setzt sich auf der anderen Seite der Brücke in gleicher weise fort: Meist Wald zu beiden Seiten, hier und da Durchgänge die an den See heran führen, der Weg ist weitestgehend eben, fällt dann und wann um ein oder zwei Meter ab und gewinnt diese Höhe gemächlich wieder. Das Feld hat sich inzwischen in die Länge gezogen und positioniert, selten überholen wir jemanden, wenn wir überholt werden meist von einem Staffelläufer. Staffelläufer begegnen uns jedoch nicht nur auf der Strecke sondern auch immer wieder am Streckenrand, hibbelig in der Erwartung baldiger Übergabe des Staffelholzes – wobei es sich im konkreten Fall nicht um ein Stück Holz sondern um die Übergabe der Startnummer samt Startnummernband handelt.
Gut 8km sind inzwischen gelaufen, ein weiterer Strandzugang gewährt Blick auf einen kleinen Segelhafen den wir vermutlich in kürze unter die Sohlen nehmen werden.
Es geht ein wenig auf und ab und wie erwartet erreichen wir den Hafen, während ich Bilder aufnehme fragt mich ein Mitläufer aus dem Pulk unseres Pacemakers ob er auch eins von mir machen soll, das Angebot nehme ich gerne an. Ich überreiche die Kamera und verlangsame meine Schritte bis die Bilder im Kasten sind. Ich bedanke mich und gemeinsam schließen wir wieder zu unserer Gruppe auf.
Der Uferweg wir breiter, mutiert zu einer Allee, hübsche Parkanlagen sind zu unserer Linken zu sehen. Von weiter vorne dröhnt Musik und Getose, vor uns, in einer lang gezogenen Linkskurve, liegt der nächste Versorgungspunkt samt großen Stimmungscamp. Neben Getränken wird hier zum ersten Mal auch Gel gereicht, sehe ich leider zu spät, nehme mir aber vor auf der nächsten Runde eins abzugreifen, zwar habe ich auch eigenen Vorrat dabei, aber auf der anderen Seite: Warum nicht das angebotene nutzen, die Sorte kenne und vertrage ich.
Der Versorgungspunkt hat unserer Gruppe etwas auseinander gerissen, Andreas reduziert das Tempo schaut sich um bis alle Schäfchen wieder vereint sind, dann wird wieder Tempo aufgenommen. Ich nutze den Moment um mich nach vorbei zu stehlen und ein paar Bilder von unserer Schar zu machen.
Wir laufen nun wieder über einen Damm, links weiterhin der große Brombachsee, rechts nun der Igelsbachsee, in kürze werden wir auch noch dem Kleinen Brombachsee besuchen. Bis es soweit ist geht es bretteben über den Damm dahin. Die Wolken über uns haben sich in der letzten halben Stunde immer weiter aufgelöst, ich bin mir nun sicher das wir vom Regen verschont bleiben werden, auch die Temperaturen steigen langsam. Auf der anderen Seite angekommen tauchen wir wieder in den Wald ein und vom See ist erst einmal nichts mehr zu sehen.
Zehn Kilometer sind gelaufen, recht genau 53 Minuten bislang verstrichen. Zum ersten Mal erhebt Andreas, unser Pacemaker, das Wort an uns. Begrüßung und Info das wir gut in der Zeit liegen. Von nun an nimmt er uns an die Hand, wird auf dem weiteren Weg immer wieder Tipps zur Krafteinteilung einstreuen und wichtige Zwischenziele ankündigen. Zehn Kilometer sind auch für mich ein guter Zeitpunkt für einen Zwischenstand: Die Strecke gefällt mir bislang, die vielen flachen Kilometer sind für mich aber etwas ungewohnt, trotz der schönen Aussicht teilweise fast etwas langweilig. Kraft ist noch reichlich vorhanden, Sorgen macht mir heute eher die Mechanik: Werden die Muskeln 42,2, für meine Verhältnisse, flotte Kilometer überstehen? Viele KM in dieser Geschwindigkeit habe ich in diesem Trainingsblock bislang nicht gesammelt.
Etwas einen halben Kilometer später verlassen wir das Waldstück und der See hat uns wieder, wir passieren einen großen Strand und biegen links auf den nächsten Damm ein. Zu unserer Linken der Große Brombachsee, zur Rechten der Kleine Brombachsee. Recht genau einen Kilometer geht es stur geradeaus, am Ende des Dammes wartet bereits der nächste Versorgungspunkt auf uns. Andreas fordert uns auf ausreichend zu trinken, auf der ersten Runde noch keine Cola sondern Wasser oder Iso, er reduziert kurz das Tempo bis alle wieder zusammen sind, danach geht es rechts ab und wir betreten die Wendeschleife. Zunächst bleibt der Kleine Brombachsee noch im Blickfeld doch schon bald versperren Bäume die Sicht. Nach kurzer Zeit erreichen wir den Wendepunkt für die Halbmarathon Läufer, wir müssen noch ein gutes Stück weiter. Vereinzelt kommen uns Läufer entgegen, machen mit weiten Schritten schnell Boden gut, alsbald auch der Pacemaker für 3:15 mit seinem Gefolge und wenige Minuten später der für 3:30, viele angestrengte Gesichter, ich bin mir ziemlich sicher das wir den ein oder anderen aus der Gruppe demnächst wiedersehen werden. Irgendwo dazwischen entdecke ich Roland Krauß. Roland schreibt im gleichen Forum wie ich, unbewusst sind wir uns auch schon öfters begegnet, haben am Rennsteig sogar im gleichen Quartier übernachtet. Roland hat dieses Jahr bereits einige Großtaten vollbracht, wie z.B. über 1000km des Deutschlandslaufs, die 100 Meilen von Berlin oder den 24 Stunden Lauf in Gotha, die Größte Herausforderung steht ihm jedoch am 29-30.9 bevor: Der Spartathlon, 246km und etwa 3000 Höhenmeter None-Stop in maximal 36 Stunden. Das letzte Jahr musste Roland, auf Grund einer vorherigen Verletzung, leider vorzeitig aufgeben. Für die Revanche dieses Jahr drücke ich ihm ganz fest die Daumen. Für den Augenblick gebe ich ihm ein Handzeichen, glaube aber nicht das er mich bemerkt oder gar erkannt hat. Endlich ist die Wende erreicht, über die Zeitnahmematte drüber und auf den Rückweg.
Auf dem Rückweg sind wir nun die schnellen und dürfen ein Blick auf die Verfolger werfen, besonderer Hingucker: Der Duffman läuft mit, samt Bierhelm, Cape und Handschuhen. Für ein Foto reicht die kurze Zeit des passieren nicht, aber einen „Duuuffffmääännn“ Schlachtruf bekommt er von unserer Gruppe spendiert. Wie man auf die Idee kommt 42,2km in einem ganz sicher nicht lauf freundlichen Kostüm zurücklegen zu wollen wird mir jedoch auf immer ein Rätsel bleiben.
Kurz bevor wir wieder den Damm erreichen werde ich auf einen hohen Zaun zu meiner rechten Aufmerksam. Dahinter befinden sich offensichtlich Wildschweine, laufen den Zaun entlang und beobachten das Treiben der bunten Zweibeiner auf der anderen Seite. In freier Natur ist mir erst einmal ein Wildschwein begegnet, das Tier brach unvermittelt aus dem Wald und rannte einige Meter vor mir über die Straße. Das Schwein hatte sich anscheinend mindestens genauso erschrocken wie ich, trotzdem war allein die pure Masse des Tieres respekteinflößend.
Wir kehren erneut am Versorgungspunkt am Damm ein, wie gefordert trinke ich einen Becher, auch wenn ich nach wie vor nicht der geringsten Durst verspüre. Im Anschluss geht es in einer weit ausladenden Rechtskurve, leicht abschüssig weiter. „Nicht schneller werden, etwas ausruhen, auch mal die Arme locker.“ Lautet die Anweisung von vorne und schon werden kollektiv Arme gekreist und geschüttelt. „Am Berg kleine Schritte setzen.“ lautet die nächste Anweisung. Der Berg entpuppt sich als kurzer Anstieg, kaum länger als 500 Meter auf dem etwa 20-30 Höhenmeter überwunden werden müssen. Der Wald ist hier zu beiden Seiten ziemlich dicht, bildet einen düsteren Tunnel.
Nach dem der kurze Anstieg geschafft ist geht es lange geradeaus, immer weiter durch den Tunnel, tendenziell zunächst leicht ansteigend, später ebenso leicht wieder abflachend. Für eine kurze Zeit muss ich unsere Gruppe ziehen lassen, ein Stein hat sich ungünstig im Schuh eingenistet und will entfernt werden. Als der Plagegeist entfernt ist gilt es den Abstand zur Gruppe zu überbrücken, das kostet ein paar Körner.
Wir verlassen den Wald und befinden uns wenige Schritte später am Rand eines Segelhafens. Der nächste Versorgungspunkt ist erreicht, Zuschauer zu beiden Seiten und laute Musik, ausgehend von einem DJ auf einem LKW Anhänger. Am Ende der Versorgungstische werden die Gels ausgegeben, ich schnappe mir eines davon: Die gleiche Sorte die auch dabei habe, perfekt.
Es dauert etwas bis sich alle Schäfchen wieder versammelt haben, dann nehmen wir wieder Tempo auf. Wir laufen über glatten Beton, immer in Sichtweite des Sees entlang, dabei kommen wir immer wieder an vereinzelten Zuschauergruppen vorbei.
Vor uns baut sich bereits der Damm der Ostseite auf, die erste Runde ist in Kürze geschafft, nur noch ein kurzes Waldstück, das vor uns liegt, gilt es zu durchqueren. Die Bäume stehen weit auseinander sind hoch und Erinnern an Säulen die eine weit über uns liegende Decke stützen. Inzwischen heiße ich den spendenden Schatten willkommen, fast keine Wolke ist mehr am Himmel zu sehen.
Der Wald ist durchquert und wir erreichen einen kleinen (Bade?)Strand, ein letztes mal in dieser Runde kommen wir an einem Stimmungscamp vorbei, dann biegen wir links ab und befinden uns wieder auf dem Dammweg – Runde eins abgeschlossen!
Runde 2
„Auf geht’s letzte Runde!“ Scherzt Andreas. Inzwischen sind 22km gelaufen gut 1:56 haben wir dafür gebraucht und liegen damit gut in der Zeit. Zeit für eine Bestandsaufnahme: Kraft fließt noch reichlich, Stimmung ist super, dennoch mache ich mir etwas Sorgen ob ich das Tempo bis zum Schluss durchhalten kann, zu selten bin ich in den letzten Wochen längere Strecken in dieser Pace gelaufen. Für’s erste schiebe ich die Sorgen bei Seite und Genieße den Lauf, wir passieren erneut die (De-)Motivationsschilder und kurze Zeit später die Trommel-Truppe.
Inzwischen sind auch die Halbmarathon Läufer auf der Strecke, ich bin gespannt wann uns die Führungsläufer einholen werden. Von Kilometer zu Kilometer wird es ruhiger in unserem Pulk, angespannte Gesichter um mich herum, Andreas bemüht sich nach Kräften: Erinnert uns ans trinken, ermahnt uns nach den Versorgungspunkten schnell wieder zusammen zu kommen und immer wieder zu lockern.
Auch an mir geht das Tempo nicht spurlos vorbei, die Kamera habe ich bereits nach dem Damm eingepackt, die Strecke habe ich nun abfotografiert, mein Blick ist nach innen gerichtet, erwarte jederzeit den Einbruch, der sich jedoch noch nicht einstellt. Viele Eindrücke von den nächsten Kilometern bleiben nicht haften: Es geht am See entlang, über die Brücke hinüber, wieder See, Wald, vorbei an wartenden Staffelläufern, noch immer wurden wir nicht von den Halbmarathon Läufern eingeholt.
Nächster bleibender Eindruck: Der große Versorgungspunkt vor dem zweiten Damm, inzwischen haben sich noch mehr Zuschauer eingefunden und feuern uns an. Ein Becher ISO und weiter.
Der Versorgungspunkt liegt hinter uns, Andreas wartet darauf das sich die Gruppe wieder versammelt, ermahnt zum Zusammenbleiben, wir sind weniger geworden, waren Zwischenzeitlich 10-12 Läufer, vielleicht 7 oder 8 sind davon noch übrig obwohl sich inzwischen ein paar neue Gesichter eingefunden haben, vielleicht ehemalige Follower des 3:30 Pacemakers? Wir biegen auf den zweiten Damm ein und nun ist es soweit: Ein Radfahrer bahnt dem führenden Halbmarathon Läufer den Weg, wenig später folgt eine weitere Gruppe, mit geschmeidigen weit ausladenden Schritten ziehen sie an uns vorbei. „Jetzt nicht verrückt machen lassen, wir laufen unser Tempo weiter.“ Stellt Andreas klar.
Wir erreichen die Wendeschleife, im Zug der Entgegenkommenden Läufer suche ich nach Roland, möchte sehen wie es ihm geht, kann ihn jedoch lange nicht ausmachen. Vielleicht schon soweit voraus das er die Schleife schon hinter sich hat? Oder einfach übersehen? Mal sehen, noch ist der Wendepunkt nicht erreicht. Etwas anderes erregt meinen Unmut, uns kommen mehrere „Tretautos“ entgegen, nicht die für Kleinkinder sondern die, in die 4-6 Personen passen und als Fahrrad durchgehen. Das Problem: Die sind nicht gerade schnell unterwegs und so breit das sie mehr als die Hälfte des Weges in Anspruch nehmen und das auf der Wendeschleife wo sich in Kürze auch noch die Masse der Halbmarathon Läufer dazu gesellen werden. Schon jetzt sehe ich einige der schnelleren Läufer hinter den Wagen herlaufen oder überholen, ich hoffe das uns dieses Manöver erspart bleibt. Die Wendemarke der Halbmarathon Läufer ist schnell passiert und noch einmal lichtet sich das Läuferfeld. Für einige Minuten geht es ruhig dahin, kurz vor dem Erreichen unserer Wendemarke entdecke ich Roland, wir haben offensichtlich einiges an Boden gut gemacht, ich gebe erneut ein unbemerktes Handzeichen und hoffe das der Tempoverlust nichts zu bedeuten hat. An der Wendemarke angekommen werden wir – man kann es nicht anders sagen – dem Ziel entgegengebrüllt „Heeelllldddennn“ donnerst es uns entgegen, unglaublich wieviel Krach zwei Streckenpost produzieren können. Ich kann nicht anders mit einem Lächeln im Gesicht geht es auf den Rückweg. 32 Kilometer sind geschafft, nur noch 10. Der befürchtete Einbruch lässt noch immer auf sich warten, zwar spüre ich die Belastung inzwischen deutlich, Kraft fließt jedoch noch immer und auch die Beine sind noch Willens das Tempo zu halten.
Die Wagenkolonne hat zum Glück ein Einsehen und ist rechts ran gefahren, so können wir ungehindert passieren, eng wird es nun trotzdem als sich der dünne Strom der Marathon Läufer mit dem breiten Fluss der Halbmarathonis vereint. „Hintereinander laufen und zusammen bleiben“ lautet die Ansage unseres Kapitäns und wir beginnen uns Vorwärtszuarbeiten.
Für ein paar Minuten ist höchste Konzentration gefordert, Überholen und aufpassen mit niemanden zu kollidieren dann endet die Wendeschleife, noch schnell einen Becher Wasser am Versorgungsstand abgreifen und der Trubel liegt hinter uns. Auch wenn die Läuferkette nun bis zum Ende deutlich dichter bleiben wird – die Wege sind breit genug und auch vom Tempo her haben wir uns bald so eingruppiert das Überholen und überholt werden seltener wird. Erneut ist unser Tross kleiner geworden, bekomme ich jedoch nur noch am Rande mit. Unser Pacemaker müht sich nach Kräften die Motivation hoch und die Gruppe zusammen zu halten. Gefühlt hat sich das Tempo verschärft, haben wir auf der Wendeschleife zu viel liegen gelassen? Ein Trugschluss wie sich zu Hause zeigen wird, wir waren, abgesehen von den Versorgungspausen, sehr konstant unterwegs. Die Ursache für die gefühlte Tempoverschärfung liegt schlicht in müder werdenden Beinen.
Zum zweiten Mal geht es die einzig nennenswerte Steigung hinauf, zum zweiten Mal stellt das kein Problem dar. Im Gegenteil, ich bin dankbar für ein wenig Abwechslung im Streckenprofil und die Bestätigung das noch genug Kraft da ist. Nur noch 6 Kilometer, Andreas hat den Countdown gestartet, versucht von nun an, an jeder Kilometermarke uns einen Motivationsschub mitzugeben. „Uns“ ist jedoch nochmal weniger geworden, fünf oder sechs Köpfe zählt unser Rudel noch. Ich würde gerne in irgendeiner Form zu seinen Motivationsversuchen beitragen, allerdings fällt mir keine geistreiche Bemerkung ein und so halte ich es wie die Fische im See und bleibe stumm.
Wir erreichen den letzten großen Versorgungsstand, zum ersten Mal greife ich bei den angebotenen Schwämmen zu, habe es nicht weiter erwähnt, aber ich schmore inzwischen reichlich im eigenen Saft, einmal Arme und Gesicht zu waschen tut gut. Auch bei dem angebotenen Gel greife ich noch einmal zu, diesmal erwische ich keine der Tuben sondern einen normalen Gel Beutel, mit den noch glitschigen Fingern bekomme ich den nicht auf, auch der Versuch den Beutel mit den Zähnen zu öffnen scheitert. Leicht genervt nestle ich einen meiner mitgebrachten Beutel aus dem Flaschenhalter meines Laufrucksacks heraus und verstaue das gereichte Gel im Ersatz darin. (Wie sich zu Hause herausstellen wird hatte ich das Teil zumindest weit genug offen das es auslaufen und mit den Rucksack einsüffen konnte…). Das Manöver hat Zeit gekostet, die ich nun wieder aufholen muss, also noch einmal anziehen bis ich wieder auf Tuchfühlung mit Andreas und seinem Gefolge bin. Das kostet nun schon richtig Körner, die Oberschenkel drohen an das Ganze nicht mehr ewig lange mitmachen zu wollen, es fällt mir merklich schwerer das Tempo zu halten.
Wieder geht es an dem DJ auf seinem Wagen vorbei und wieder folgen wir dem geschwungenen Weg mit Sicht zum Ufer. Auf diesem Abschnitt holen wir Roland ein, ich nutze die wenigen Sekunden die wir auf gleicher Höhe sind „Alles in Ordnung?“. Überrascht raunt er mit ein „Ja“ rüber, mir ist klar dass er mich nicht zuordnen kann. Kurz überlege ich, ob ich von Andreas ablasse um mich vorzustellen und vor allem meine besten Wünsche für das Gelingen der bevorstehenden Sparthatlon Revanche zu übermitteln, entscheide mich aber dagegen: Jetzt bin ich schon gut drei Stunden das, für mich, hohe Tempo gegangen, nun möchte ich mir die Mühen auch mit einem 3:45 Finish belohnen, unterhalten kann ich mich auch im Ziel noch, also schließe ich wieder zu Andreas auf.
Noch knapp 3 Kilometer, wir haben den „Säulenwald“ erreicht, sämtliche Leichtigkeit habe ich auf dem letzten Kilometer verloren: Die Beschwerden der Oberschenkel sind nun unüberhörbar. Was tun? Geht mir durch den Kopf. Ein weiteres Gel zu nehmen wird nichts ändern, nicht die Energie oder Ausdauer ist das Problem, meine Beine sind schlicht keine langen Tempoläufe gewohnt, mein ganzes Training der letzten Monate war auf Anstiege und lange Distanzen hin ausgelegt. Würde ich jetzt Tempo rausnehmen könnte ich wahrscheinlich noch locker 2 Stunden durchlaufen – zumindest hoffe ich das, denn in gut einem Monat, beim Röntgenlauf, wird genau das nötig sein. So kurz vor dem Ziel möchte ich jedoch nicht mehr aufgeben, nicht solange es noch geht. Auch wenn mir jetzt schon vor dem morgigen Training graut bleibt nur eins: Zähne zusammenbeißen und erst einmal weiter.
Ich habe ein wenig den Überblick verloren, wann uns wer verlassen hat, jedenfalls sind wir nach dem Wald nur noch zu dritt. Es geht wieder an dem Strand vorbei, dieses Mal biegen wir jedoch nicht nach links ein, laufen nicht noch einmal über den Dammweg sondern knicken, an einer kleinen Schaar Zuschauern vorbei, rechts in einen Waldweg ein. Wir sind nun auf dem letzten Abschnitt der uns zurück nach Pleinfeld führen wird. Aus dem Streckenprofil weiß ich, jetzt geht es nochmal ein Stück bergauf, dann bis zum Ziel bergab.
„Jetzt nochmal etwas anstrengen, etwas beißen, bald geschafft.“ So schiebt uns Andreas an, während wir in den Waldweg einbiegen. Wie durch einen düsteren Tunnel zieht sich der Weg. Ich mobilisiere nochmal ein paar Kräfte, Andreas verlangsamt etwas seine Schritte, wen interessieren die paar Grad Steigung, wenn ich dafür ein paar Minuten etwas langsamer machen darf. Die Kuppe ist jedoch schnell erreicht und es geht bergab, noch etwa zwei Kilometer. Ich versuche die Zeit zu überschlagen, habe unweigerlich das Gefühl das es knapp wird, hat Andreas die Zeit im Blick? Sollte ich mich lösen? Entscheide mich dagegen, bleibe dran, wird schon gut gehen. Der Weg ist etwas enger als der am See und mein Blick ist zunehmend nach innen gerichtet, daher übersehe ich den Radfahrer der mich rechts überholen möchte um ein Haar, im letzten Moment kann die Kollision vermieden werden. Der Weg flacht ab, ich „sehe das Licht am Ende des Tunnels“, welches sich als die Straße herausstellt auf der wir vor etwa 3:43 gestartet sind. Fotografen am Straßenrand, das Marathontor vor Augen, das setzt noch einmal Kräfte frei, nun löse ich mich doch noch, habe noch 45 Sekunden laut meiner Uhr um unter 3:45 zu bleiben, das reicht! Ich spute an Zuschauern vorbei auf das Tor zu, die müden Oberschenkel sind vergessen. Ich durchquere den Startbogen und Wehne mich einen kurzen Moment lang bereits im Ziel bis mir klar wird, der Zieleinlauf ist nicht hier, ich muss noch links ab und durch das zweite Tor unten am Festzelt, doch noch einmal anziehen, banger Blick auf die große Digitaluhr über dem Tor, ein Piepser von der Zeitmatte und es ist geschafft! Bei 3:44:44 stoppe ich meine Uhr.
Ich gehe ein paar Schritte und bekomme eine Medaille um den Hals gehängt, hinter mir höre ich den Moderator „Und da kommt unser Pacemaker für 3:45, Pünktlich wie die Maurer!“ ich warte kurz auf Andreas und klatsche ihn ab, bedanke mich für die tolle Arbeit auf der Strecke (Sein Ergebnis 3:45:04). Dann zieht es mich erst einmal zur Zielverpflegung, Durst will gestillt werden und gegen einen Happen habe ich auch nichts einzuwenden. Als die Bedürfnisse gestillt sind mache ich mich auf die Suche nach Roland, möchte ihn heute unbedingt erwischen. Doch wie der Teufel will – ich kann ihn nirgendwo entdecken, schließlich gebe ich es auf und mache mich auf den Heimweg. Beim Durchgehen der Ergebnisse sehe ich das er nur gut eine Minute nach mir im Ziel ankam, vermutlich haben wir uns verpasst während ich das Buffet geplündert habe.
Ergebnis: Platz 79 / 181 der Männer, Platz 16 / 28 in M30
Fazit
Die Veranstaltung bietet eine reizvolle Mischung zwischen Landschaftslauf und Event die ich so bislang noch nicht erlebt habe: Viele Stimmungsnester entlang der Strecke wechseln sich mit ruhigeren Waldpassagen und hübschen Ausblicken auf den Brombachsee ab. Die Strecke ist recht einfach zu laufen, auf dem Hin- und Rückweg zum See gilt es jeweils eine kurze Steigung zu bewältigen, auf der zweimal zu laufenden Seenrunde wartet ebenfalls nur ein erwähnenswerter Hügel. Die Organisation verläuft absolut reibungslos: Startnummernausgabe ohne lange Schlangen, ausreichend Sanitäranlagen, ausgeschilderte Parkmöglichkeiten, hervorragende Versorgung auf der Strecke. Dadurch geht auch das, für einen Landschaftslauf, etwas höhere Startgeld in Ordnung (32 Euro für Frühbucher bis 50 für Nachmelder)
Besonderen Dank möchte ich noch einmal an meinen Pacemaker Andreas aussprechen der nicht nur die Zeit klasse getroffen hat sondern auch unterwegs alle Hebel in Bewegung gesetzt hat um seinen Schäfchen den Weg zum Finish in der Wunschzeit zu ebnen!
Seenlandmarathon – sehr gerne wieder!
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