Bei der Wahl des richtigen Laufschuhs gibt es viel zu beachten: Passen muss er natürlich und sich gut am Fuß anfühlen, aber natürlich spielen auch geplante Laufumfänge, Gewicht des Läufers und das bevorzugte Gelände eine wichtige Rolle. Ebenfalls stolpert man beim Stöbern schnell über die Begriffe Fußauftritt, Pronation, Supination und Überpronation. Was es damit auf sich hat und welche Rolle diese Begriffe bei der Wahl des richtigen Laufschuhs spielen möchte in diesem Artikel erklären.
Das wichtigste zu Beginn: Laufschuhe sind für Läufer zweifelsohne das wichtigste Ausrüstungsstück (Barfußläufer dürfen an dieser Stelle einmal milde lächeln). Von einem schlecht passenden Laufschuh geht ein reales Verletzungsrisiko aus, das fiese daran: Die Verletzung wird sich oft nicht sofort einstellen, sondern sich nach und nach aufbauen bis es zu spät ist – langwierige Probleme und Trainingsausfall sind die Folge oder, besonders bei Einsteigern, gar die direkte Aufgabe des Hobbys. Ich rate daher auf jeden Fall dazu eine Beratung in einem Fachgeschäft in Anspruch zu nehmen.
Grundlegendes zur Wahl des Laufschuhs
Dein Laufschuh muss zu dir passen, überlege dir daher gut was du vorhast: Wie viele Kilometer läufst du pro Woche? Wie lang ist die längste Strecke die du läufst? Läufst du eher auf Waldboden oder auf der Straße? Wieviel wiegst du? Bist du ein Fersen-, Mittel- oder Vorfußläufer? (Mehr dazu gleich) Ein seriöser Berater wird dir diese Fragen stellen, du solltest dir als im Vorfeld Gedanken darüber machen. Für Einsteiger rate ich auf jeden Fall einen Bogen um Spezialschuhe zu machen, dazu gehören z.B. Trailschuhe oder super leichte Wettkampfschuhe. Diese Modelle haben ihre Daseinsberechtigung, aber zunächst brauchst du einen möglichst universellen Schuh.
Darauf laufen wir: Vorfuß, Mittelfuß oder Ferse
Beim Fußauftritt unterscheiden wir zwischen drei Auftritten: Vorfußlauf, Mittelfußlauf und Fersenlauf:
Beim Vorfußlauf tritt man mit Zehen und Fußballen auf und drückt sich direkt wieder ab, die Kontaktzeit zum Boden ist entsprechend kurz. Man sieht diesen Laufstil häufig bei Sprintern oder auch beim Bewältigen von starken Steigungen, jedoch gibt es auch einige Langstreckenläufer die auf durchgängigen Vorfußlauf schwören. Da sowohl bei der Landung als auch beim Abdruck die ganze Kraft aus dem Vorfuß kommt werden die Muskeln und Sehnen (besonders die Achillessehne) stark belastet. Vorfußlaufende Anfänger sollten daher ihre Umfänge besonders schonend steigern um den Muskeln genug Anpassungszeit einzuräumen. Es gibt spezialisierte Laufschuhe für Vorfußläufer die hier Unterstützung leisten. | |
Beim Mittelfußlauf wird mit der ganze Fußsohle in einem flachen Winkel aufgesetzt, nach der Landung folgt eine kurze Abrollbewegung über den Vorfuß. Viele Langstreckenläufer nutzen diesen Auftritt, er gilt als kraftsparend und schont Gelenke und Sehnen. | |
Der wahrscheinlich verbreiteste Auftritt ist der Fersenlauf. Man tritt mit der Ferse auf und rollt anschließend über den ganzen Fuß ab und drückt sich schließlich über den Fußballen und Zehen wieder ab. Hierbei wirken, beim Auftritt, hohe Kräfte auf die Gelenke. Die meisten Laufschuhe werden mit Dämpfungselementen an der Ferse versehen um diese Kräfte abzumildern. |
Die Meinungen welcher Auftritt nun der Beste ist gehen weit auseinander. Gerade Anfängern rate ich dringend davon ab auf eigene Faust z.B. vom Fersen- zum Vorfußlauf zu wechseln. Der Grund ist einfach – du kannst dich selbst nicht vernünftig beobachten und greifst in einem, von deinem Körper, über Jahre entwickelten Automatismus ein. Die Wahrscheinlichkeit dir hier einen unsauberen Laufstil anzugewöhnen ist recht groß. Bitte einen Trainer oder einen erfahrenen Läufer (der den Zielauftritt pflegt) um Unterstützung.
Pronation
Unter Pronation des Fußes versteht man ganz allgemein eine Drehbewegung des Fußes die als natürlicher Stoßdämpfer dient. Wir treten dabei zunächst mit der Außenseite des Fußes auf und drehen dann das Gelenk ein dadurch tritt der Rest des Fußes leicht verzögert auf. Wird dabei weder die Innen- noch die Außenseite des Fußes übermäßig stark belastet spricht man von Normalpronation. An dieser Bewegung sind – wie immer – neben Gelenken auch Muskeln, Bänder und Sehnen beteiligt, diese können trainiert werden, es daher besonders für Einsteiger normal das bei zunehmender Belastung der Auftritt unsauberer wird.
Schuhe für Normalpronieren werden auch „Neutralschuhe“ genannt. Der Begriff ist jedoch nicht ganz eindeutig da viele Hersteller unter Neutralschuhen auch Schuhe mit geringer Dämpfung verstehen. Eine gute Dämpfung ist jedoch besonders für Läufer mit Übergewicht wichtig, auch viele Langstreckenläufer greifen gerne zu Schuhen mit hoher Dämpfung. Einige Anbieter bezeichnen Neutralschuhe mit geringer Dämpfung auch als „Running Schuh“ oder „Neutral Running Schuh“ um eine Abgrenzung zu den Modellen mit mehr Dämpfung zu schaffen.
Persönlich rate ich eher nur so viel Dämpfung wie notwendig zu verwenden, da man so ein besseres Gefühl für den Untergrund hat und sich somit langfristig auch der Laufstil verbessert (Aber dies nur als Anmerkung am Rande).
Überpronation
Beim Überpronieren knickt der Fuß zu stark nach innen ein, in der Folge werden Sehnen und Muskeln einseitig stärker belastet. Die Folgen können vielseitig sein: Überlastungsschmerzen am Fuß, Entzündungen in den Sehnen bis zu Knieproblemen da die Belastungen des Auftritts nicht korrekt abgeleitet werden. Ebenso vielfältig sind die Ursachen: Fußfehlstellungen, X-Beine, Ermüdung, ein schlecht trainierter Stützapparat etc. Es gibt Statistiken nachdem etwa 50-60% aller Läufer zumindest eine leichte Überpronation zeigen.
Für Überpronieren gibt es angepasste Laufschuhe, diese verfügen über Stützkomponenten die zu einer gleichmäßigeren Belastung des Fußes beitragen sollen.
Supination oder Unterpronation
Seltener ist die Unterpronation (oder auch Supination). Hier wird die Fußaußenseite zu stark belastet. Die Folgen entsprechen denen der Überpronation. Neben Fußfehlstellungen (z.B. Hohlfuß), gehören O-Beine oder falsche Laufschuhe (z.B. Überpronationsschuhe für Normalpronierer) zu den Ursachen.
Spezielle Schuhe für Unterpronieren sind weit weniger geläufig, i.d.R. verwendet man Neutralschuhe mit hoher Dämpfung.
Unterschiedliche Meinungen
Es ist gängige Praxis spezielle Schuhe für Über- bzw. Unterpronieren zu verwenden. Ganz unumstritten ist dies jedoch unter Experten nicht: Auf der diesjährigen ISPO, der größten Messe für Sportartikel, fand ein Laufschuhsymposium statt in dem eine Studie vorgestellt wurde nach der Überpronierer, auch in Neutralschuhen, nicht häufig verletzt sind als Normalpronierer. Die Hauptursache für Läuferverletzungen sehen die Experten der Studie in sich ständig wiederholenden Bewegungsabläufen und raten daher zu mehr Abwechslung beim Laufen, z.B. in Form anderer Untergründe oder das Verwenden von unterschiedlichen Schuhen.
Ob hier in den nächsten Jahren eine Revolution zum Neutralschuh ansteht? Man darf gespannt bleiben.
Pronations Selbsttest
Falls du schon länger läufst genügt vielleicht auch schon ein Blick auf deine Laufschuhe, bei Überpronieren gibt es oft deutlich erkennbare Abnutzungserscheinungen auf der Innenseite, bei Unterpronieren auf der Außenseite.
Falls du gerade mit dem Laufen anfängst und nun sofort wissen möchtest zu welchem Typ du gehörst kannst du folgendes versuchen: Lege Handtücher am Boden aus und lauf Barfuß, mit zuvor angefeuchteter, Fußsohle darüber. (Achtung Rutschgefahr!) Es entsteht ein Abdruck deines Fußes.
Als Normalpronieren ist bei mir der Auftritt mit der Ferse und das Abdrücken mit den Zehen zu sehen. Bei Supination wäre zusätzlich ein Abdruck von der Außenseite des Fußes sichtbar, bei Überpronation von der Innenseite. Auf dem Foto ist das leider nur schwer zu erkennen, auf der Seite von SportScheck gibt es ebenfalls einen Artikel zu diesem Thema auf dem die Belastungs/Auftrittsflächen gut zu sehen sind, der Anbieter bietet, gleichsam mit vielen anderen Anbietern, jedoch auch eine nicht auf Handtüchern basierende und somit deutlich zuverlässigere, Laufuntersuchung an. Somit kommen wir zum Thema…
Laufanalyse / Laufberatung im Fachgeschäft
Viele Sportgeschäfte bieten im Rahmen einer Beratung eine Untersuchung deines Laufstils an. Es gibt verschiedene Möglichkeiten wie diese ablaufen kann. Die gebräuchlichste ist eine Kamerauntersuchung auf einem Laufband. Du läufst, zunächst barfuß, auf dem Band während eine Highspeed-Kamera deine Füße im Visier hat. Die entstandene Zeitlupenaufnahme wird anschließend ausgewertet. Eine Alternative sind am Schuh angebrachte Lagesensoren oder die Verwendung von Druckmatten (was wieder Ähnlichkeiten mit der Handtuch Methode hat). Oft ist die Untersuchung im Rahmen eines Laufschuhskaufs kostenlos, manchmal wird auch eine kleine Gebühr fällig – gut angelegtes Geld.
Anhand dieser Daten sowie deinen Antworten zu deinem Laufprofil (siehe Abschnitt Grundlegendes) kann dir der Berater für gewöhnlich mehrere in Frage kommende Modelle anbieten. Diese gilt es durchzuprobieren. Welcher der richtige für dich ist, kannst nur du entscheiden, wichtig ist das du dich wohlfühlst. Im Idealfall solltest du vom Schuh praktisch nichts spüren, achte selbst auf kleine Reibungen oder Druckstellen, während du läufst schwillen deine Füße etwas an, da kann aus einer kleinen Unbequemlichkeit schnell ein großes Problem werden.
Für die Beratung solltest du, besonders als Einsteiger, ein bis zwei Stunden Zeit einplanen. Komme am besten in leichter Kleidung – ein wenig Laufen wirst du müssen. Falls du schon Laufschuhe hast in denen du dich wohlfühlst schadet es nicht auch diese mitzubringen.
Neben der Untersuchung im Laden gibt es auch noch professionelle Laufstiluntersuchungen bei denen deine ganze Körperhaltung untersucht wird. Aus den gewonnenen Daten können neben Schuhen auch Trainingsempfehlungen gegeben werden. Diese Untersuchungen kosten je nach Umfang zwischen 50 und 250 Euro und lohnen sich meiner Meinung nach jedoch eher für ambitionierte Wettkampfläufer.
Wie viele Schuhe brauche ich?
Für ambitionierte Läufer gibt es die Faustregel: Für jeden Trainingstag ein Paar. Keine Sorge, für den Einstieg reicht ein gutes Paar problemlos aus. Erst bei deutlich höheren Wochenumfängen, wie z.B. bei der Vorbereitung auf einen (Halb-)Marathon sollte man aufstocken. Ich selber habe, bei vier Trainingstagen, meist drei Modelle in Benutzung.
Zu beachten ist jedoch das Laufschuhe verschleißen, je nach Modell sind Lebenserwartungen zwischen 800 und 1500km realistisch.
Fazit
Das Thema Laufschuhkauf ist sehr umfangreich, man könnte problemlos ein ganzes Buch darüber schreiben. Ich habe es bei diesem Artikel zunächst bei einigen wichtigen Punkten belassen, vielleicht werde ich in späteren Artikeln noch auf andere Aspekte verstärkt eingehen. Gerade da es so viele Punkte zu beachten gibt möchte ich, besonders den Einsteigern, noch einmal dringend davon abraten Laufschuhe blind über das Internet zu bestellen. Nehmt euch die Zeit und lasst auch bei eurem Händler des Vertrauens beraten.
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